Wladyslaw Szpilman
"Der Pianist"
Wladyslaw Szpilman wurde am 5. Dezember 1911 im polnischen Sosnowiec geboren. Nach ersten Klavierstudien in Warschau setzte er seine musikalische Ausbildung von 1931 bis 1933 in Berlin bei Leonid Kreutzer, Arthur Schnabel (Klavier) und Franz Schreker (Komposition) fort. Nach der Machtergreifung nach Warschau zurückgekehrt, machte Szpilman sich schnell einen Namen sowohl als Pianist als auch als Komponist ernster und unterhaltender Musik. Seit 1935 arbeitete er für den Polnischen Rundfunk, bis seine Karriere mit dem deutschen Einmarsch in Polen ein abruptes Ende fand.
Anders als seine Familie, die in Treblinka umkam, entging Szpilman auf wundersame Weise der Deportation und überlebte, unterstützt von Freunden, zunächst versteckt im Warschauer Untergrund, dann zwei Jahre lang in den Trümmern Warschaus auf sich allein gestellt und schließlich mit Hilfe eines deutschen Wehrmachtsoffiziers. Die Erlebnisse während der Kriegszeit verarbeitete Szpilman bereits 1945 in einem Buch, um dann für Jahrzehnte kaum mehr darüber zu sprechen. Seine Erinnerungen, 1998 in Deutschland wieder veröffentlicht und seither in viele Sprachen übersetzt, dienten als Vorlage für Roman Polanskis 2001 entstandenen, mit der Palme dOr und drei Oscars prämierten Film "Der Pianist".
Nach Kriegsende kehrte Szpilman an den Polnischen Rundfunk zurück, wo er bis 1963 die Musikabteilung leitete. Zugleich war er Kammermusikpartner von höchstrangigen Geigern wie Henryk Szeryng, Roman Totenberg, Ida Händel, Tadeusz Wronski und Bronislaw Gimpel, mit dem er das Warschauer Klavierquintett gründete. Szpilman trat als Konzertpianist und Kammermusiker in Polen, in ganz Europa und Amerika auf. Auch an seine Erfolge als Komponist konnte er nach dem Krieg anknüpfen. Zu Szpilmans kompositorischem Schaffen, das in seinen Berliner Jahren seinen Anfang genommen hatte und das er selbst während der Zeit im Warschauer Ghetto nicht aufgab, zählen symphonische und konzertante Werke, Klaviermusik, aber auch zahlreiche Hörspiel- und Filmmusiken und rund 500 Lieder und Schlager, von denen viele noch heutzutage in Polen populär sind - sie brachten ihm das Attribut des "Cole Porter, Gershwin, McCartney Polens" ein.
Wladyslaw Szpilman starb am 6. Juli 2000 in Warschau.
Wladyslaw Szpilman 1948
Jetzt von SONY Classics Europe eine CD
Wladyslaw Szpilman: Original recordings of the pianist
(Werke von Szpilman, Bach, Rachmaninow, Chopin a.o.)
Szpilman hatte 1931 bis 1933 in Berlin bei Artur Schnabel Klavier, bei Franz Schreker Komposition studiert. Von beiden Lehrern merkt man wenig: Weder klingt Schnabels strenge "Werktreue" im virtuos-eleganten Spiel, in bester polnischer Tradition, nach, noch wuchern Schrekers spätestromantische Rauschzustände weiter... Szpilmans Kompositionen 1933 bis 1968 verraten hochseriöse Schulung, originelle Einfälle und perfektes, zumal pianistisches Metier, nicht indes besondere Modernität - und erst recht nicht Zeichen besonderen Leidensdrucks...
Daß er ein souveräner, technisch sicherer Pianist mit finessenreichem Anschlag und Sinn für unangestrengte Klangfülle war, belegen die Aufnahmen: eine unpathetische Klavier-Ästhetik, aus unmittelbarer Sinnlichkeit geboren, weder allzu "deutsch"-streng, noch "russisch"-ausdrucksschwer. In Chopins a-Moll-Mazurka op. 17, 4 trifft er genau die Mischung aus schmerzlicher Intensität und sublimem Tanz-Charme, das frühe cis-Moll-Nocturne, 1948 und 1980 eingespielt, klingt elastisch-unversäuselt, und mit welch lockerem, beredt-süffigem Elan er Gusto-Stückerln "hinlegen" konnte, belegt seine Paraphrase über einen Robert-Stolz-Walzer. Debussys "Reflets dans l'eau" und Albeniz' "Cordoba" demonstrieren die Weite des Repertoires, der Schlußsatz der Schumann-Fantasie, Bach-Busonis d-Moll-Chaconne auch den Sinn für Komplexeres.
GERHARD R. KOCH Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.10.2002,
Szpilman ging Werktreue nicht über alles. Er war vielmehr ein Virtuose alter Schule. Das bestätigt sich nicht nur in seiner höchst eleganten Paraphrase über einen Walzer von Robert Stolz, sondern auch in seinem Chopin-Spiel. Szpilman war ein Meister des Tempo rubato, besaß einen goldenen Klang, eine ungeheuere Geläufigkeit und eine reiche Palette an Klangfarben und dynamischen Stufungen.
Gregor Willmes FONOFORUM 11/2002
Jetzt im gut sortierten Handel
THE PIANIST
WLADYSLAW SZPILMAN
- SONGS -
12 Songs gesungen von Wendy Lands
My memories of you, Fall in love again, Dance with me, True and tender a.o.
Aufgenommen in Californien, USA.
"DER PIANIST" ist im Zusammenhang mit dem Buch und dem Film von ROMAN POLANSKI über WLADYSLAW SZPILMAN inzwischen in der ganzen Welt ein Begriff geworden. Ausserhalb der Grenzen Polens ist jedoch weithin unbekannt, dass WLADYSLAW SZPILMAN nicht nur Komponist zahlreicher klassischerWerke war, sondern auch annähernd 500 populäre Songs schrieb, denen die popularität auserhalb seiner Heimat aus politischen Gründen verwerhrt waren.Dies wird jetzt duch die in den USA produzierte CD "Wendy Lands sings The Music of The Pianist Wladyslaw Szpilman" revidiert.
Unter der Leitung des Produzenten JOHN LEFTWICH (Rickie Lee Jones, Lyle Lovett, Chet Baker) hat sich ein Team von Top US-Musikern um die Kanadische Sängerin WENDY LANDS gruppiert und die vorliegende CD eingespielt.
Es wurde eine einziartige Verbindung aus populärem alternativen Rock, jazziger Arrangements, und gefühlvoller Lyrik, ohne jedoch auch nur einen Fussbreit vom Komponisten vorgegeben Pfad zu weichen
Norah Jones! Ihr sucht etwas von gleicher Qualität und Güte? Hier ist es: "Wendy Lands Sings The Music Of The Pianist Wladyslaw Szpilman"...
...Die zwölf Verführungen locken mit der Sophistication des Jazz, der Verruchtheit des Blues, der durchdachten Struktur eines Kunstliedes und der erfrischenden Heiterkeit des Country. Oder anders formuliert: polnischer Country-Rhythm'n'Schlager-Chanson-Jazz mit einem Hauch von Blues.
Damit wir uns richtig verstehen. Es handelt sich hier um hervorragende Perlen polnischen Musikschaffens, die in einer Liga mit Coler Porter oder George Gershwin spielen. Liebhaber hervorragender Kompositionen, gefühl- und stimmungsvoll interpretiert, kommen voll auf ihre Kosten. Endlich kann man sich während der gemütlichen Winterabende mit der Geliebten auch mal eine Alternative zu Norah Jones gönnen. (aus dem Review von Kai Kopp) LAUTSTARK
Man nannte ihn den polnischen Paul McCartney
Szpilmans Talent für populäre Melodien....
Wie zeitlos ein paar seiner in die Hunderte gehenden Melodien für Millionen sind, von denen die vergnügungswillige Welt außerhalb von Polen bisher nicht viel gewusst hat, beweist die in diesen Tagen erschienene neue CD der wunderbaren kanadischen Sängerin Wendy Lands auch dies natürlich ein Reflex auf die Polanski-Verfilmung. Szpilmans Standards (von 1936 bis 1970) werden in englischer Lyrik nachgedichtet...
...dieses Album: reine Liebe und mit derselben gemacht. Angefangen bei der exquisiten Besetzung (darunter Joni-Mitchell-Gitarrist Greg Leisz und der frühere Keyboarder von Prince, Renato Neto) bis hin zur Produktion durch John Leftwich entsteht auf der CD eine einzige Ehrenbekundung für die noble Unterhaltungskunst von Wladyslaw Szpilman. Nicht nur zur Freude des Sohnes Andrzej, der am Zustandekommen des Projekts maßgeblich beteiligt war, swingt das hier - manchmal durch schöne Country-Kurven - artistisch sehr entspannt vor sich hin. Als könne Musik alles, fast alles wieder gut- und vergessen machen. Wenigstens für eine Dreiviertelstunde.... (Von Mirko Weber) DIE ZEIT 51/2002
Sie haben diese CD nicht im Funk gehört? Kein Wunder! Sie wurde aus mir unklaren Gründen nicht in die Playlists der deutschen Radiostationen aufgenommen! (mit Ausnahme von Klassikradio).
Sie können aber jetzt hören die Fragmente von dieser CD und sich selbst von ihrer Qualität überzeugen - Bitte auf PLAY MUSIC Link klicken
"Wendy Lands sings the songs composed by Wladyslaw Szpilman"
SONGBOOK
Noten My memories of you
16 Songs von Wladyslaw Szpilman
by Boosey & Hawkes Publishers
Einige von Wladyslaw Szpilman's Songs aus der Zeit von 1930-70 wurden aufgenommen auf der neuen CD "Wendy Lands Sing the Music of the Pianist Wladyslaw Szpilman". Diese Songs wurden jetzt veröffentlicht in der Originalfassung als Noten für Stimme und Klavier mit den neuen, englishen Texten von David Batteau, Michael Ruff, Carol Connor u.A.
Informieren Sie sich über andere Ausgaben der Konzertwerke von Wladyslaw Szpilman erschienen bei Boosey & Hawkes
Das Warschauer Klavierquintett
Geschichte und Pressestimmen
"Der Pianist" - ein Film von Roman Polanski gewinnt die "Goldene Palme" von Cannes Film Festival 2002.
THE PIANIST
Jetzt ein Film von Roman Polanski
nach dem Buch von Wladyslaw Szpilman
Jetzt auf DVD
3 Oscars
Goldene Palme
7 Cesars der Französischen Filmakademie
2 BAFTA der Britischen Film- und Fernsehenakademie
Europäischer Filmpreis
10 Adler der Polnischen Filmakademie
TRAILER OF THE MOVIE
WEBSEITE OF THE MOVIE
ISBN: 3548363512
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Grand Prix der Leserinen "ELLE" 2002
Bestes Buch des Jahres 2001 der Zeitschrift "Lire" - Frankreich
Bestes Sachbuch 1999 der Zeitung "Los Angeles Times"
Top fünf des Jahres 1999 Kat. Biographie Zeitung "The Sunday Times"
"The Guardian": Buch des Jahres 1999
"The Economist": Auswahl der Kritiker 1999
"Economic Times" - Sachbuch 1999
"Library Journal" - Bestes Buch 1999
JEWISH QUARTERLY-WINGATE: Sachbuch des Jahres 2000
"Das Buch von Wladyslaw Szpilman ist so frisch, lebendig, herzzerreissend, direkt und wunderschön geschrieben, daß es schafft die Geschichte dieser Ereignisse uns von neu an zu vermitteln und begreiflich zu machen." Carmen Callil - Sunday Telegraph
"Szpilman berichtet in einem eher kühlen Stil, versetzt mit Sarkasmen und sanfter Ironie..." - Der Spiegel
"Als eines der wichtigsten Bücher der Holocaust-Literatur hat der Schriftsteller Wolf Biermann die Überlebenskronik des polnischen Musikers Wladyslaw Szpilman gewürdigt." - Deutsche Presse Agentur
"Dieses Buch erzählt von wahren Begebenheiten, enthält jedoch mehr Außergewöhnliches und Sensationelles als viele Romane." - Andrzej Szczypiorski
Alles ist mit einer eindeutigen Klarheit erzählt, so daß die Geschichte, in einer Mischung aus Entzetzen, Angst, Verzweiflung, Zorn und Schuld, sich im Bauch des Lesers ansiedelt und ihn beinahe sanft im Griff behält. - The Spectator
In einer Zeit, in der Abenteuergeschichten unter dem Begriff des Actionfilms aus Hollywood subsumiert werden, in der endlose Szenen mit Verfolgungsjagden und Explosionen als der Höhepunkt der Spannung gelten, ist es eine Erleichterung, dieses Buch zu lesen ... - Literary Review - London
Man kann aus diesem kurzen Bericht vom Überleben eines Mannes in den Kriegsjahren im verwüsteten Warschau mehr über die Natur des Menschen lernen als aus zahlreichen Geschichtsbüchern. - Independent on Sunday
... ein emotional erschütterndes, überzeugendes Buch . - Jewish Chronicle
Wladyslaw Szpilmans Bericht vom Leben in Warschau während der Nazi-Okkupation und vom Warschauer Ghetto hat eine einmalige Lebendigkeit. - The Observer
... eindrucksvolle Aufzeichnungen... - The Times
Buch bestellen bei Amazon.de
Wladyslaw Szpilman, Pianist und Komponist aus Polen, starb Heute in Warschau.
Der Musiker, der das Warschauer Ghetto überlebte, wurde 88 Jahre alt. Er hat in seinem Leben über 450 Lieder komponiert und Bücher über den Holocaust verfasst.
Schon im Januar hatte der Regisseur Roman Polanski seine Absicht verkündet, über Szpilmans Überleben im Ghetto einen Film zu drehen. Der Pianist hatte dort im ,Sztuka'-Kaffee unbeirrbar sein Spiel bis zum Ende fortgesetzt. Viele seiner Familienmitglieder wurden während des Holocausts ermordet.
(mid) Warschau, 6/7/00.
"Der Pianist" in der ersten deutschen Ausgabe
erschien im März 1998 bei Econ Verlag
unter dem Titel
"Das wunderbare Überleben"
Aus dem Polnischen von Karin Wolff
Vorwort: Andrzej Szpilman
Anhang von Wilm Hosenfeld
Mit einem Nachwort von Wolf Biermann
PRESSETEXT ZUM BUCH
"Szpilman berichtet in einem eher kühlen Stil, versetzt mit Sarkasmen und sanfter Ironie..."
Link zum Artikel: "Der Spiegel"
"Als eines der wichtigsten Bücher der Holocaust-Literatur hat der Schriftsteller Wolf Biermann die Überlebenskronik des polnischen Musikers Wladyslaw Szpilman gewürdigt."
Info:"Deutsche Presse Agentur"
"Dieses Buch erzählt von wahren Begebenheiten, enthält jedoch mehr Außergewöhnliches und Sensationelles als viele Romane."
Andrzej Szczypiorski
"Ein Mensch, der in die Höllen des Holocaust geriet und dennoch dieses menschgemachte Inferno überlebte, muß ja ein Wunder auf zwei Beinen sein. Aber nicht jeder kann es so tief und wahr, so todtraurig und so selbstironisch erzählen wie dieser Pianist und Komponist, also dieser jüdische Spielmann mit dem polnischen Namen Wladyslaw Szpilman"
Wolf Biermann
Polanskis Todesfuge
Von Marcel Reich-Ranicki
FAZ 23 Oktober 2002
...vorzüglicher Kammermusiker. Ich kannte ihn im Warschauer Getto, ich traf ihn auch oft in der Nachkriegszeit, ich habe noch kurz vor seinem Tod - er starb im Jahre 2000 - ausführlich mit ihm telefoniert. Wir unterhielten uns beinahe immer nur über Musik...
...Sein Buch, in deutscher Übersetzung zunächst "Das wunderbare Überleben" und dann als Taschenbuch "Der Pianist" betitelt, läßt das deutlich erkennen: Es ist etwas wirr und chaotisch, es verliert sich oft in unerheblichen Details, es hat auch allerlei andere Schwächen. Nun hat Szpilman nie den Anspruch erhoben, ein Schriftsteller zu sein. Aber sein Buch ist ein ehrliches und ein ergreifendes Zeitdokument...
...Mit seinen vielen, oft rasch skizzierten Figuren, mit seinen unzähligen kleinen, doch meist charakteristischen Szenen und Situationsbildern hätten Szpilmans Erinnerungen sehr wohl als Vorlage für einen großen Spielfilm Verwendung finden können...
...Wie alle, die ihre eigenen Erlebnisse in einem Film sehen, war auch ich oft geneigt, die Wiedergabe der historischen Wahrheit zu beanstanden und refrainartig zu wiederholen: Es war ja alles anders... Nein, es war nicht anders. Was ich mir nie vorgestellt, was ich nie zu hoffen gewagt habe, das ist Polanski hier gelungen...
EDITORIAL
Vergessen und erinnern
Gibt es einen schöneren Namen für einen Musiker als Szpilman ? ( gesprochen: Spielmann) stammt aus Polen, hat als Komponist Landsleuten manches Werk geschenkt. Szpilman hat eine dramatische Biographie: Als einziger seiner Familie überlebte der Jude die Kriegsjahre im Warschauer Ghetto. ,,Das wunderbare Überleben" lautet der Titel seiner Erinnerungen. Im Econ-Verlag sind sie jüngst erstmals auf deutsch erschienen. Doch nicht etwa Wladyslaw Szpilman haben wir diese Veröffentlichung zu verdanken. Ein halbes jahrhundert nach dem Schrecken möchte der Musiker sich nicht mehr erinnern, möchte nichts anderes sein als ein ganz normaler alter Musiker. Doch sein Sohn Andrzej, ein in Hamburg praktizierender Zahnarzt, drängte den Vater, den Nachgeborenen vom Verdrängten zu erzählen. DS-Mitarbeiterin Ulrike Wilhelm hat Vater und Sohn Szpilman ins Gespräch gebracht. Da saßen Sie dann über Eck auf einer Couch und stritten darüber, was schwerer wiegt: das Recht des Opfers auf Ver- gessen oder das Recht der Kinder auf Wissen. Ein faszinierender, hoch emotionaler Disput, dessen Lektüre auf den Seiten 27 und 28 ich Ihnen besonders empfehlen möchte.
Tim Schleider - Stellvertretender Chefredakteur
Im Gespräch: Wladyslaw und Andrzej Szpilman
Laß mich vergessen
Das sagt einer, der das Warschauer Ghetto überlebt hat. Doch sein Sohn will alles wissen, und zwar ganz genau
Photo jens.wunderlich@t-online.de
www.jens-wunderlich.de
VON ULRIKE WILHELM
Der jüdische Pianist und Komponist Wladyslaw Szpilman, 86, hat sich nach
Kriegsende seine Erinnerungen von der Seele geschrieben: In dem Buch,
das 1946 in Polen erschien, erzählt er, wie seine gesamte Familie
deportiert, er selbst jedoch von dem deutschen Offizier Wilm Hosenfeld
gerettet wurde. Danach hat er in den Erinnerungen nicht mehr gelesen.
Doch sein Sohn Andrzej, 41, konnte das Schweigen nicht hinnehmen. Der
Zahnarzt und Musiker, der vor 15 Jahren nach Deutschland emigrierte,
überredete seinen Vater, das Buch jetzt auf deutsch herauszugeben (»Das
wunderbare Überleben«, Econ Verlag). Außerdem hat er eine CD mit
Szpilman-Werken gemacht (»Ein musikalisches Porträt«, nur über den
Buchhandel erhältlich). Ein Gespräch zwischen Vater und Sohn über eine
lebenswichtige Frage: erinnern oder schweigen?
Herr Szpilman, nach mehr als fünfzig Jahren werden die Erinnerungen aus
dem Warschauer Ghetto noch einmal lebendig. Was für ein Gefühl ist das?
Wladyslaw Szpilman: Ein furchtbares Gefühl. Ich bekomme Depressionen,
besonders jetzt im Alter. (Zu Andrzej): Warum soll ich darüber sprechen?
Ist das wichtig?
Andrzej Szpilman: Es ist sogar sehr wichtig.
Machen die Jahre es leichter, die Belastung auszuhalten?
Wladyslaw Szpilman: Nach dem Krieg habe ich wieder beim Polnischen
Rundfunk angefangen. Ich war so beschäftigt, daß ich keine Zeit hatte,
nachzudenken. Jetzt bin ich alt und muß viel daran denken. Ich sage
manchmal, daß ich schon zu lange lebe.
Wie ist das für Sie, Andrzej, Ihren Vater so leiden zu sehen?
Andrzej Szpilman: Es war bestimmt nicht einfach, an dem Buch zu
arbeiten.
Wladyslaw Szpilman: Ach, der kann das doch nicht verstehen. Der kannte
meine Familie nicht - noch nicht einmal vom Bild. Alles ist verbrannt.
Andrzej Szpilman: Können Sie sich das vorstellen? Alles, was sich in den
anderen Familien über Generationen angesammelt hat, fehlt uns. Vor zwei
Wochen habe ich erstmals ein Foto meiner Großeltern gesehen.
Haben Sie Ihrem Sohn von Ihrer Familie erzählt?
Wladyslaw Szpilman: Nein.
Warum nicht?
Wladyslaw Szpilman: Wozu sollte ich ihm das erzählen? Der war jung! Er
hatte so ein Talent zur Musik, so ein gutes Leben. Sollte ich ihm ein
Gift mitgeben? Daß die Mutter und der Vater und zwei meiner Schwestern
und ein Bruder ins Gas geschickt wurden - sollte ich ihm das erzählen?
Haben Sie versucht, Andrzej die jüdische Kultur nahezubringen?
Wladyslaw Szpilman: Nein. Ich habe zu Hause auch keine jüdische Kultur
gepflegt.
Sie waren also assimiliert?
Wladyslaw Szpilman: Leider. Mein Vater war ein Geiger. Er mußte am
Freitag spielen.
Von Ihrer jüdischen Herkunft haben Sie erfahren, als Sie das Buch Ihres
Vaters stibitzten. Was hat das für Sie bedeutet?
Andrzej Szpilman: Noch nicht so viel, ich war zwölf Jahre alt.
Wladyslaw Szpilman: Die jungen Leute sind nach dem Krieg geboren und
sollen nichts darüber wissen, damit es sie nicht belastet.
War es richtig, daß Ihr Vater schwieg?
Andrzej Szpilman: Mein Vater hat das so entschieden.
Können Sie das respektieren?
Andrzej Szpilman: Ich habe keine Wahl gehabt.
Wladyslaw Szpilman: Wozu soll ich mit ihm darüber reden?
Andrzej Szpilman: Das ist meiner Meinung nach ein Fehler gewesen.
Warum?
Andrzej Szpilman: Als kleiner Junge mußte ich mir antisemitische Witze
anhören, und ich habe selbst damit angefangen, wie jeder andere
Antisemit. Dann mußte ich erfahren, daß ich selbst ein Jude bin. Ich
wollte es nicht glauben.
Fühlen Sie sich heute als Jude?
Photo jens.wunderlich@t-online.de
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Wladyslaw Szpilman: Ich nicht. Ich bin ein Pole jüdischer Abstammung.
Ich habe meinen Namen auch nicht geändert. Und mein Sohn - soll er's
halten, wie er will.
Und? Wie halten Sie es?
Andrzej Szpilman: Ich bin halbe-halbe, sympathisiere aber mehr mit
meiner jüdischen Hälfte. Durch den Antisemitismus mancher Polen mag ich
meine polnische Hälfte weniger als die jüdische.
Wladyslaw Szpilman: Bei mir ist das anders. Die Musik ist meine
Identität.
Ihre Schlager liefen im polnischen Radio. Sie waren bekannt.
Andrzej Szpilman: Das ganze Land hat seine Lieder gesungen. Fragen Sie
ältere Menschen.
Herr Szpilman, woran denken Sie, wenn Sie das Wort deutsch hören?
Wladyslaw Szpilman: Ich fahre jedes Jahr nach Deutschland. Ich kenne
Orte, da waren Sie bestimmt noch nicht. Schwäbisch-Hall ist so ein
kleiner wunderbarer Ort.
Andrzej Szpilman: Die Frage war, womit du das Deutsche verbindest.
Wladyslaw Szpilman: Für mich war es erstaunlich, daß ein so großes und
zivilisiertes Kulturvolk Bücher verbrannt hat. Ich habe doch hier
studiert, in Berlin an der Hochschule für Musik, 1931/1932.
Hilft Ihnen die deutsche Musik, zu verzeihen?
Wladyslaw Szpilman: Nehmen Sie Bach! Kann man aufhören, Bach zu spielen?
Undenkbar. Oder Brahms, Beethoven? Das sind die größten Komponisten.
Sie haben in Ihrem Buch geschrieben, der "Judenstern" sei für Sie wie
ein "Brandmal am ürmel" gewesen.
Wladyslaw Szpilman: Ich konnte das nicht ertragen und habe damals eine
Depression bekommen. Zwei Monate habe ich im Bett gelegen und wollte
überhaupt nicht mehr aufstehen.
Den anderen Menschen hat möglicherweise der Glaube geholfen.
Wladyslaw Szpilman: Sie fragen, ob ich gläubig bin. Wenn man zusehen
muß, wie kleine Kinder getötet werden, wie sie an die Wand geschlagen
werden, ganz ohne Grund, wie soll ich da an Gott glauben?
Kann man noch etwas fühlen, wenn man so etwas gesehen hat?
Wladyslaw Szpilman: Ich kann nicht fühlen, nein. Ich glaube nicht mehr,
daß ich so etwas wirklich gesehen habe. Aber ich habe das gesehen, mit
meinen eigenen Augen. Ein schlechter Mensch genügt, um die ganze Welt
kaputtzumachen.
Genügt ein Mensch wie der Wehrmachtsoffizier Hosenfeld, um Hoffnung zu
haben?
Wladyslaw Szpilman: Hosenfeld war ein wunderbarer Mann. Juden oder nicht
Juden, er hat alle gerettet, auch Priester. Und ich bin sicher, daß
solche Männer für jedes Land sehr viel wert sind. Als ich ihn traf,
hatte ich keine Kräfte mehr. Da kam er und hat gesagt: "Haben Sie keine
Angst." Er hat "Sie" gesagt, nicht "Du". Die haben uns immer geduzt. Er
sprach nicht wie ein Nazi. Schon allein das hat mir geholfen. Es war
unerhört.
In Ihren Armen ist ein kleines Kind gestorben.
Wladyslaw Szpilman: Nicht in meinen Armen. Als ich es in den Armen
hatte, war es bereits tot. Ein Soldat hatte es auf dem Boden mit den
Füßen totgetreten. Ein anderes Mal, es war im kleinen Ghetto und es war
auch ein Sonntag, habe ich gesehen, wie ein Junge getötet wurde, der
seine Mütze nicht abgenommen hatte. Der Soldat hat ihn mit einer
einzigen Kugel erschossen.
Andrzej Szpilman: War das ein Soldat?
Wladyslaw Szpilman: Weiß ich nicht genau, ich war zu weit davon
entfernt.
Andrzej Szpilman: Waren im Ghetto auch Soldaten?
Wladyslaw Szpilman: Nein, das war doch das Kommando, das diese so
genannten Aussiedlungen gemacht hat.
Andrzej Szpilman: Wer war das eigentlich?
Wladyslaw Szpilman: Fragt er mich, wer das gemacht hat. Das sind diese
Kommandos gewesen, das weißt du doch.
Andrzej Szpilman: Aber was waren das für Menschen? Soldaten? Polizei?
Wladyslaw Szpilman: Das waren keine Menschen, das waren SS-Leute.
Andrzej Szpilman: Also keine Soldaten?
Wladyslaw Szpilman: Nein! Die Wehrmacht hat nichts damit zu tun gehabt.
Andrzej Szpilman: Hat man in Warschau denn Wehrmacht gesehen?
Wladyslaw Szpilman: Nur zu Beginn des Krieges, junge Menschen, die haben
ihre Arbeit gemacht.
Andrzej Szpilman: Und die waren freundlich?
Wladyslaw Szpilman: Wenn ich ihnen sagte, daß ich Musiker bin, haben sie
mich in Ruhe gelassen.
Andrzej Szpilman: Wie war das genau?
Wladyslaw Szpilman: Das interessiert doch die Dame nicht.
Andrzej Szpilman: Aber mich!
Wladyslaw Szpilman: Die jungen Soldaten waren freundlich. Es waren
Luftwaffen-Soldaten.
Andrzej Szpilman: Aha.
Wladyslaw Szpilman: Ja! Und ganz am Anfang, als das Ghetto noch offen
war, sind sie zu meinem Haus gekommen und haben Leute zum Arbeiten
geholt. Sie kamen auch in meine Wohnung. Und ich saß da und habe auf dem
Piano gespielt. Da sagten sie: "Soll er spielen!" Und sind gegangen.
Andrzej Szpilman: Das war SS?
Wladyslaw Szpilman: Nein! Sag' ich doch! Es waren Soldaten! Und was die
Generale der Wehrmacht betrifft: Der Hosenfeld, immerhin ein Offizier,
hat mir gesagt, daß der General überhaupt nichts über die schlechten
Sachen wußte.
Andrzej Szpilman: Das heißt, im Ghetto waren nur SS-Leute, Litauer,
Ukrainer und jüdische Polizei? Aber es gibt hier Behauptungen, daß die
Wehrmacht-Soldaten sich an den Morden beteiligt haben.
Wladyslaw Szpilman: Davon weiß ich nichts.
Andrzej Szpilman: Und das Kind, das in deinen Armen starb?
Wladyslaw Szpilman: Das habe ich nicht gesehen.
Andrzej Szpilman: Du kannst dich bloß nicht mehr erinnern. In deinem
Buch ist eine Szene beschrieben, wie ein Junge Essen ins Ghetto
schmuggelt. Er zog den Kopf durch das Loch in der Mauer, man hat ihn von
hinten getreten, und seine Wirbelsäule ist zertrümmert.
Wladyslaw Szpilman: Das war 1942, ja. Und wieviel Zeit ist seither
vergangen? Ich möchte mich nicht daran erinnern.
Andrzej Szpilman: Wann hast du dein Buch zuletzt gelesen?
Wladyslaw Szpilman: Ich hab' es nicht mehr gelesen - und Schluß!
Andrzej Szpilman: Wirst du das Buch lesen, an dem wir hier neun Monate
lang gearbeitet haben?
Wladyslaw Szpilman: Nein. Ich möchte diese Hölle nicht noch einmal
überleben! Du kannst mich nicht dazu zwingen!
Andrzej Szpilman: Das will ich auch nicht. Keiner verlangt das.
Wladyslaw Szpilman: Du verlangst das. Aber ich möchte vergessen, daß ich
das überlebt habe. Ich muß ruhig sterben. Ich war nach dem Krieg nie in
Treblinka (zeigt auf seinen Sohn): Der war dort! Ich nicht. Meine ganze
Familie ist dort ermordet worden. Dort platzt mein Herz.
Andrzej Szpilman: Du sollst auch nicht hinfahren.
Wladyslaw Szpilman: Aber du warst dort!
Andrzej Szpilman: Ich bin hingefahren. Da habe ich zum ersten Mal
erfahren, wo das Ghetto in Warschau überhaupt war. Können Sie sich das
vorstellen? Ich habe 27 Jahre dort gelebt und nicht gewußt, wo Ghetto
und Umschlagplatz waren. Wo die Treppe war, hat meine Oma gelebt, st
immt's?
Wladyslaw Szpilman: Ja.
Andrzej Szpilman: Wir waren tausendmal da. Aber er hat nie gesagt, daß
an dieser Ecke das Haus meiner Oma stand. Wie sollte man das wissen, daß
man Jude ist, wenn man nicht mal wußte, wo das Ghetto war. Überall gibt
es Denkmäler für die polnischen Widerstandskämpfer. Aber es gibt keine
Denkmäler für die Juden, obwohl ein Drittel der Bevölkerung von Warschau
Juden waren.
Wladyslaw Szpilman: Unsinn.
Andrzej Szpilman: Außer einem Monument.
Wladyslaw Szpilman: Einem großen Monument!
Andrzej Szpilman: Wo der Umschlagplatz gewesen ist, war vor fünfzehn
Jahren noch eine Tankstelle. Am Platz der Deportation habe ich mein
Leben lang getankt.
Und auch das Haus Ihrer Mutter wollten Sie nicht zeigen?
Wladyslaw Szpilman: Es war nur eine Ruine. Man hat ein neues Haus
gebaut.
Ihr Bruder, Henryk, könnte vielleicht noch leben, wenn er sich nicht
geweigert hätte, jüdischer Polizist zu werden.
Wladyslaw Szpilman: Ich hab' ihm gesagt, er soll es machen. Aber er hat
gesagt: nein. Drei Monate zuvor hatten sie ihn schon mal geschnappt, ich
bin dann zur jüdischen Polizei gegangen und habe für meinen Bruder
gesprochen. Und er durfte gehen. Als mein Bruder nach Hause kam, sagte
er: Wie kannst du nur zu so einem schmutzigen Mann gehen und ihn darum
bitten, daß ich freikomme. Ich sagte: Wenn nicht, dann wärst du nach
Treblinka gegangen.
Andrzej Szpilman: Wußte man da schon, was das bedeutet?
Wladyslaw Szpilman: Ich wußte das genau.
Andrzej Szpilman: Wußten es alle?
Wladyslaw Szpilman: Ich habe keine Umfrage gemacht. Manche Leute wußten
das. Wir wollen nicht weiter darüber reden. Sie werden nicht gut
schlafen. Und ich werde auch nicht gut schlafen. Das ist vorbei. Allein
daß ich lebe, ist ein Wunder.
Dennoch ist es gut, daß Sie das Wunder an Ihren Sohn weitergeben
konnten. Und jetzt, durch das Buch, an viele andere Menschen.
Wladyslaw Szpilman: Ich habe es nicht an ihn weitergegeben. Er hat es
sich genommen. Er hat das erste Buch heimlich gelesen. Jetzt hatte er
die Idee, es noch einmal erscheinen zu lassen. Er hat die ganze Arbeit
gemacht. Haben Sie das Foto auf dem Buch gesehen? Das wunderbare Foto
hat er gemacht. Ich habe nichts dazu beigetragen.
Andrzej Szpilman: Jetzt habe ich eine CD mit deiner Musik
herausgebracht. Freut dich das gar nicht?
Wladyslaw Szpilman: (lacht). Du bist ein phänomenaler Mann.
Andrzej Szpilman: Aber du weißt genau, daß das Buch wichtig ist?
Wladyslaw Szpilman: Für mich ist es nicht wichtig.
Andrzej Szpilman: Für dich nicht. Aber es gibt hier wieder
Neofaschisten.
Wladyslaw Szpilman: Und die Neofaschisten bleiben Neofaschisten, mit
oder ohne mein Buch.
Andrzej Szpilman: Es gibt Leute, die wollen keine Geschichten aus der
Vergangenheit mehr hören.
Wladyslaw Szpilman: Manche sagen das. Aber das Volk hat 80 Millionen
Leute. Und es sind vielleicht hundert Menschen, die das sagen.
Andrzej Szpilman: Vielleicht ist es an der Zeit, daß man darüber nicht
mehr redet?
Wladyslaw Szpilman: Unsinn. Man muß verhindern, daß die Leute vergessen.
Aber in Deutschland kommt kein neuer Faschismus.
Andrzej Szpilman: Nein?
Wladyslaw Szpilman: Nein! Die Leute sind zu klug dafür.
©DS - Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt,
6. März 1998, Nr.10 1998
Photo jens.wunderlich@t-online.de
www.jens-wunderlich.de
Kultur
Mit Chopin das Ghetto Überlebt
Polnischer Komponist Wladyslaw Szpilman stellte seine Erinnerungen vor.
Buch wird von Hollywood-Regiesseur Roman Polanski verfilmt
Von REGINA KÖTHE
Berlin. Er kommt in Begleitung seines Sohnes Andrzej mit ruhigem Gesicht und wachen Blick zur Tür herein. Ein Mann von 88 Jahren mit einer ergreifenden Lebensgeschichte. Er hat das Warschauer Ghetto überlebt. Wladyslaw Szpilman ist Konzertpianist und Komponist, und er lebt. Das zählt.
In Polen ist Wladyslaw Szpilman ein bekannter Mann, nicht nur als Pianist und Komponist klassischer Musik. Die Menschen sind mit seinen Liedern aufgewachsen, nach dem Krieg wurde die polnische Popmusik maßgeblich von ihm geprägt. Anläßlich der "Woche der Brüderlichkeit" fand in Berlin eine Matinee zu Ehren von Wladyslaw Szpilman statt, auf der die Chanson Sängerin Celina Muzil einige seiner bekannten Schlager interpretierte und Karin Wolff aus seinem Buch "Das wunderbare Überleben" las.
Mit Ende Zwanzig erlebte er 1939 den Einmarsch der Deutschen in Polen. Der talentierte Konzertpianist arbeitete damals für den polnischen Rundfunk. Die "Nocturne cis-Moll" von Chopin war das letzte Stück, dass er am 23. September 1939 live im Sender spielen konnte. Dieses Klavierstück markiert den Anfangspunkt der Verfolgung und des Leidens von Wladyslaw Szpilman, dass mit der Besetzung Polens begann. Als Jude wurde Wladyslaw Szpilman systematisch ausgegrenzt und entrechtet. Das Warschauer Ghetto wurde zur Todesfalle, 1940 waren dort rund 500 000 Juden eingesperrt. Mehr als 300 000 wurden 1942 - perfekt organisiert von SS und Reichsbahn - in die Todeslager deportiert und ermordet. Wladyslaw Szpilman hat durch die Nationalsozialisten seine Eltern, seine Schwestern Regina und Halina, sowie seinen Bruder Henryk verloren. Er stand mit ihnen 1942 auf dem Sammelplatz in Warschau, um in die Vernichtungslager transportiert zu werden. Unerwartet und gegen seinen Willen, denn er wollte nicht von seiner Familie getrennt werden, wurde er noch einmal aus der Reihe der Todgeweihten herausgeholt.
Schließlich gelang ihm die Flucht aus dem Ghetto, und einige Zeit versteckten ihn seine polnischen Freunde.
In den Ruinen der entvölkerten Stadt hielt er sich in den letzten Kriegsmonaten alleine versteckt. Unrasiert und ungewaschen geisterte er wie ein Phantom durch die Straßen der verwaisten Metropole. Als "einsamer Robinson", wie Szpilman sagt, musste er ausharren und hoffte auf das Ende des Krieges. Dabei gab es Momente, in denen er an Selbstmord dachte, so verzweifelt erschien ihm seine Lage. Bei seiner abendlichen Nahrungssuche in den Ruinen überraschte ihn im November 1944 ein Wehrmachtsoffizier. Szpilman glaubte, dass er nun endgültig zum Tode verurteilt war, doch der Offizier lieferte ihn nicht aus. Vielmehr half er ihm, ein sicheres Versteck auf dem Dachboden des Hauses zu finden und versorgte ihn mit Nahrung. Erst nach dem Krieg erfuhr Szpilman den Namen dieses Offiziers. Wilm Hosenfeld gehörte zu den wenigen, die nicht bereit waren, die Politik Hitlers bedingungslos zu unterstützen. Er starb1952 in einem Internierungslager in Stalingrad. "Ihm verdanke ich mein Leben", sagt Wladyslaw Szpilman. Das hat dazu beigetragen, dass er die Deutschen nicht generell ablehnt. Außerdem hat er während seiner Studienzeit - vor der Machtergreifung Hitlers - zwei Jahre in Berlin gelebt. "Ich liebe ihre Musik und Kultur." Und so war er auch bei der Matinee in Berlin anwesend und erzählt auf Deutsch von seiner Zeit in Berlin. Und von Chopins "Nocturne cisMoll": Nach dem Kriegsende war es das erste Stück, dass Wladyslaw Szpilman im Rundfunk live spielte.
Menschen wie Wladyslaw Szpilman sind Zeugen des Nationalsozialismus und Holocaust, die als Verfolgte überlebt haben. Ihre Berichte geben eine Ahnung davon, wie dieses Phänomen, dass die Nachgeborenen nur aus den Geschichtsbüchem kennen, im Alltag der Jahre zwischen 1933 und 1945 aussah. Den biographische Bericht "Das wunderbare Überleben" hatte er unter dem unmittelbaren Eindruck - oder besser Schock - des Erlebten bereits 1945 geschrieben.
Ein schonungsloser und überraschend nüchterner Realismus kennzeichnet die Sprache, die auch ironische Passagen hat. Erst 1998 ist das Buch auf Deutsch veröffentlicht worden, übersetzt von Karin Wolff und mit einem Essay von Wolf Biermann.
Der Regisseur Roman Polanski will das Leben des jüdischen Musikers und Komponisten Wladyslaw Szpilman verfilmen und hat sich bereits mit ihm getroffen. Die Dreharbeiten sollen im Dezember beginnen.
Franfurt, MOZ, 18.4.2000
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© Andrzej Szpilman 2004
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